In dieser Anthologie haben AutorInnen des Freien Deutschen Autorenverbandes und eingeladene AutorInnen ihre Gedanken zum Thema "Grenzen" veröffentlicht. Grenzen zwischen Du und Ich, zwischen Lebenssituationen, Leben und Tod, Kapital und Armut, Jung und Alt, Liebe und Hass, Hoffnung und Verzweiflung, Wachen und Schlafen, Schuld und Vergebung, Heute und Vorgestern, Verbrechen und noch mehr Verbrechen, Ordnung und Chaos. Wir leben immer zwischen Grenzen.
Die AutorInnen sind: Rosemarie Benke-Bursian, Susanna Bummel-Vohland, Conrad Cortin, Dieter de Harju, Dieter R. Fuchs, Beate Gruhn, Fritz Hemmer, Patricia Holland Moritz, Wolfgang Knittel, Uwe Kullnick, Carmen Mayer, Beatrice Nunold, Sonja Maria Rathjen, Carlotta Renzo, Tania Rupel – Tera, Regina Schleheck, Claudia Schuster, Tanja Steinlechner, Wolfgang Weinkauf, Bernhard Winter, Rose Zaddach
Jenseits aller Grenzen
Der Tipp kam von einem Journalisten: Gegen Mitternacht sollte ein LKW die deutsch-österreichische Grenze passieren, der Kühlfleisch und elf Flüchtlinge transportierte:
Fünf Männer, vier Frauen, alle sehr jung oder Jugendliche, zwei Kinder.
Der Journalist unterstrich, dass sein Informant, den er natürlich nicht preisgab, aus dem unmittelbarem Umfeld der Schleuserbande käme. Anscheinend hatte der Skrupel bekommen, denn mit den
Flüchtlingen würde mehr als nur Schleppergeld verdient.
Hauptkommissar Nils Behrend kannte den Journalisten als seriös und zuverlässig. Daher traf er sofort entsprechende Vorkehrungen. Ein Trupp Beamte wurde strategisch so positioniert, dass eine
Überrumpelung des LKW-Fahrers schon bald nach der Grenze möglich war.
Alles lief nach Plan. Der Sattelschlepper stoppte in der vorgesehenen Haltebucht und die Beamten kontrollierten Papiere und Laderaum: Frischfleisch bis ins hintere Eck.
Ohne den Tipp hätte Nils auf diesem Wagen niemals Flüchtlinge vermutet. Wo also konnten sie sein? Irgendwo zwischen den ganzen Waren versteckt?
Da das Fleisch durchgängig gekühlt werden musste, verbot es sich, es auszuladen. So zwängten sich die Beamten zwischen die Waren, schoben sie hin und her, leuchteten mit Taschenlampen in alle Winkel:
Kein Flüchtling.
Der polnische Fahrer des Sattelschleppers wurde zusehends ungeduldiger, dann pampig. Er hatte schließlich Termine einzuhalten. Man sehe doch, dass alles in Ordnung sei.
Nils überlegte. Hatten die Schlepper Wind von der Aktion bekommen? Die Flüchtlinge auf eine andere Route geschickt? War dies eine Finte, der auch der Journalist aufgesessen war?
„Einen Moment noch“, sagte er und telefonierte.
Und so geht es weiter:
Ein zunächst schon fast typischer Schlepperfall mit Flüchtlingen offenbart mehr und mehr grausame Wahrheiten ...
In Kürze wird es zu diesem Buch Lesungen im Literatur Radio Bayern geben und später auch noch ein Hörbuch.