Zu diesem Fragekomplex hat Ann-Bettina Schmitz auf ihren Blog - der ABS-Lese-Ecke - eine Blogparade ausgerufen, an der ich mich sehr gerne beteilige.
Ich bin ja nicht nur eine leidenschaftliche Leserin, sondern selbst auch Autorin. Daher betrachte ich die folgenden Fragen auch immer von zwei Seiten.
Und hier sind meine Antworten, auf die Fragen, die Ann-Bettina auf ihrem Blog zur Anregung gestellt hat:
Weil ich generell Bücher und Geschichten liebe und diese nicht nur selber lesen muss, sondern auch mal ein Hörbuch anhöre oder sie
mir erzählen lasse. Eine Lesung ist einfach eine schöne Abwechslung dazu, vorausgesetzt natürlich, sie wird unterhaltsam durchgeführt. Das ist leider nicht immer der Fall.
Lesungen bieten zudem die Möglichkeit, einen Eindruck von einem Buch, vom Schreibstil eines Autors zu bekommen, bevor man es sich kauft.
Autorenlesungen bieten aber noch mehr: Man kann den Autor kennen lernen, ihn mit Fragen löchern, etwas über sein Autorenleben, über die Hintergründe der Geschichte bzw. der Entstehung des Buches
u.a.m. erfahren.
Ich finde diesen persönlichen Kontakt aber auch deshalb interessant, weil ich hören kann, wie der Autor seine Figuren interpretiert, wie er seine Texte liest, wo er betont, wo er Pausen macht, leise oder lauter wird usw. Das ist ja manchmal ganz anders als man selbst liest. Und so manche Passage klingt dann unerwartet fremd oder auch besonders geglückt.
Nicht zuletzt kann man bei der Gelgenheit meist ein persönlich signiertes Buch erwerben. Ich liebe signierte Bücher und sie sind auch immer wieder ein sehr schönes
Geschenk.
Lesungen mag ich auch als gesellige Veranstaltungen sein, die besonders Spaß machen, wenn man sich anschließend noch mit anderen austauschen kann.
Als Autorin liebe ich Lesungen, weil ich selbst sehr gerne lese. Außerdem finde ich auf dieser anderen Seite wiederum den Kontakt zu den Lesern spannend. Und ich kann immer etwas von ihnen mitnehmen, denn die Reaktion auf bestimmte Szenen und
auch die Fragen, geben recht unmittelbar zurück, was im Text besonders gut ankommt und was vielleicht auch nicht funktioniert. Das ist sehr wertvoller Input.
Und natürlich streicheln positive Reaktionen, heftiges Klatschen, Lachen an den richtigen Stellen und anschließende Komplimente, die Autorenseele, beflügeln zum Weitermachen, heben das Selbstbewusstsein und sind ein wichtiges Glied in der Motivationskette zum Schreiben.
Als Autorin höre ich mir allerdings Autorenlesungen noch mal ganz anders an. Nämlich um von ihnen zu lernen. Wie man es gut macht und wie man es besser nicht macht. Als Zuhörerin erlebe ich dabei nicht nur meine eigenen Reaktionen, sondern auch die der andern unmittelbarer und vielleicht auch ehrlicher als der Autor vorne.
... sehr vielen Autoren.
Meine allererste Autorenlesung habe ich als Kind besucht und mir anschließend ganz heftig das Buch gewünscht und auch bekommen. Ich weiß noch, dass ich dem Autor an den Lippen hing, so spannend hatte er vorgetragen. Das hat mich vielleicht geprägt, Lesungen grundsätzlich positiv zu begegnen.
Heute reizen mich Lesungen von allgemein bekannten oder berühmten Autoren, doch ich bin auch durchaus neugierig auf unbekannte. Besonders gerne gehe ich auch auf sLesungen, bei denen ich die Autoren persönlich kenne.
Ich war sogar auch schon auf Lesungen, die nicht von den Autoren gelesen wurden. Autorenlesungen finde ich jedoch interessanter, auch wenn es nicht jedem gegeben ist,
wirklich gut zu lesen. Doch wie schon gesagt, finde ich es interessant, die Person, die hinter einer Geschichte steht, persönlich kennen zu lernen, zu erleben.
Mich beeindruckt es immer, wenn Autoren sehr ausdrucksstark lesen. Da habe ich spontan zwei Autoren im Kopf, die mich allein durch ihre Art zu lesen in den Bann ziehen können:
Titus Müller (Historische Romane) und Oliver Buslau (Krimis).
Sie kleben nicht am Buch, schauen viel ins Publikum, haben eine klare und sonore Stimme, lesen laut, deutlich und langsam. So würde man sich das eigentlich immer
wünschen.
Eine ganz andere Lesung, die ich besonders toll fand, war ein richtig gehendes Event. Da gab es zwischen den Passagen immer wieder kleine, sehr passende Musikeinlagen von einer Pianistin. Dann gab es
eine größere Pause mit Snacks, Getränken udn Unterhaltungsmöglichkeiten, die alle auch fleißig nutzen. Natürlich hat auch in diesem Fall die Autorin gut gelesen.
Schwer beeindruckt war ich zuletzt von der „Ladies Crime
Night“, LCN, der "Mörderischen Schwestern" (Europas größter Verein deutschsprachiger
Krimibuchautorinnnen) im letzten Herbst im Schloss Fürstenried.
Eine LCN ist jedes Mal ein besonderes spektakuläres Event, denn hierbei lesen mehrere Krimiautorinnen aus ihren Krimis, bis sie nach einer vorbestimmten Zeit von der Bühne „geschossen“ werden.
Als vorlesende Autorin habe ich ebenfalls schon solche Lesungen erlebt. Da ist dann beeindruckend, wenn man seine Zuhörer beeindruckt. Eine Frau hatte mal bei einer KG von mir direkt Tränen in den Augen und kam hinterher zu mir, um mir zu sagen, wie sehr die Geschichte sie beeindruckt hat.
Das kann ich nicht beantworten, weil ich ja schon auf vielen Lesungen war.
Ich kann mir auch keinen wirklichen Grund vorstellen, nicht auf eine Lesung zu gehen, es sei denn ich weiß im Voraus, dass dort jemand schlecht liest, das Buch langweilig ist etc.
Ich kenne aber einige Leute, die dazu keine Lust auf Lesungen haben. Weil sie selbst ungern lesen, oder sich einfach ungern vorlesen lassen, aber leider auch manchmal nur deshalb, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben bzw. Vorurteile haben, dass eine Lesung eine einschläfernde Werbeveranstaltung ist.
Als Autorin, die gerne liest, wäre es nun allerdings auch zu komisch, wenn ich Gründe hätte, selbst nie auf Lesungen zu gehen. Dann dürfte ich kaum erwarten, dass jemand zu mir kommt.
Da kann ich ebenfalls nicht drauf anworten, sondern statt dem "weil" höchtens ein „wenn“ einfügen: Ich mag keine Autorenlesungen, wenn der Autor es nicht versteht, seine Stimme zu modulieren, wenn er vor sich hinnuschelt, kurz gesagt, wenn der Autor ein schlechter Vorleser ist.
Und ich liebe Autorenlesungen, bei denen ich selbst als Autorin auftrete. Wenn es sie nicht schon gäbe, müsste man sie direkt erfinden.
Auf jeden Fall bin ich bereit für Lesungenzu zahlen. Ich habe das auch schon oft getan.
Kostenlos sind ja oft die Lesungen von unbekannten und vor allem unerfahrenen Autoren, die nicht selten eine gewisse Scheu vor ihrem Publikum vor sich hertragen, was sich dann über eine zu leise Stimme und Verstecken hinter dem Buch ausdrücken kann. Die können gerade deshalb dann auch mal gar nicht so gut geraten sein.
Natürlich ist nicht jeder bekannte / erfahrene Autor ein guter Vorleser, doch wie so oft macht auch hier die Übung den Meister. Heißt, mit der Zeit werden die Autoren selbstbewusster, bereiten sich intensiver vor, haben Übung und lesen dadurch einfach wesentlich besser.
Nun führen ja nicht wenige das Argument an, dass Lesungen schließlich Werbeveranstaltungen für ein Buch wären und den Autor wären und der würde dabei ja seine Bücher
verkaufen.
Das ärgert mich vor allem als Autorin.
Niemand würde auf die Idee kommen, einen Musiker nicht zu bezahlen, weil der ja nun schließlich Werbung für seine CDs macht, die er hinterher verkaufen
möchte.
Eine Lesung zu halten ist eine Leistung, denn die Lesung muss gründlich vorbereitet werden. Um den Text flüssig und gut betont zu lesen, muss man ihn zu Hause üben. Außerdem wird der Text für
die Lesung oft extra bearbeitet. Da man ja nur Ausschnitte liest, muss man sich die nicht nur markieren, sondern fehlende Zwischenstücke gut zusammenfassen, um einen guten Anschluss zu haben. Wichtig
ist auch das Aussuchen, der zu lesenden Passagen, nicht immer ist es angesagt, mit dem Anfang zu beginnen, sondern etwas mit besonderer Dramaturgie zu lesen, damit die Zuhörer unterhalten werden.
Dazu muss man immer wieder auch Sätze umformulieren, weil sie aus dem Zusammenhang gerissen sonst nicht verstanden werden. Außerdem kann ein Leser sehr viel längere Sätze vertragen als ein
Zuhörer. Das alles ist aufwendige künstlerischer Arbeit, die einzig und allein dazu dient, den Zuhörer zu unterhalten.
Die Bücher, die bei einer Lesung verkauft werden, bringen dem Autor üblicherweise nur seine Tantiemen ein, und die liegen bei ca. 5-8 Prozent (Taschenbuch) und 9-15 Prozent ((Hardcover) des
Nettoladenpreis. Wenn dann 10 Prozent der Zuhörer ein Buch kaufen, kann man zufrieden sein, mehr ist meist nicht drin. Das sind dann bei 10-50 Zuhörern, was für
eine Lesung nicht untypisch ist, 1-5 Personen, die ein Buch kaufen. Für den Autor springt dann bei einem Nettopreis von 5 - 10 Euro/Buch also ein Betrag von 25 Cent bis 7,50 heraus. Etwas mehr wird
es, wenn er Bücher verkaufen kann, die er zum Autorenrabatt erworben hat. Dann sind es vielleicht auch mal 10, 20 oder wenn es gut läuft auch mal 50 Euro raus.
Wenn der Autor nicht vor Ort wohnt, muss er davon aber noch seine Auslagen abrechnen: Spritgeld, Getränke, womöglich noch ein Essen. Doch manche meinen ja sogar, ein Autor könne auch so weit anreisen, dass er auch noch eine Übernachtung finanzieren muss.
Die Zeit, die er zusammen mit der Vorbereitung investiert, gar nicht erst eingerechnet.
Auch die Image-Werbung hält sich mehr als in Grenzen, ein paar Tage später ist der / die AutorIn meist schon vergessen, es sei denn, es handelte sich um einen
Bestsellerautor.
Wer sein Image durch eine Lesung aufpoliert, ist höchstens der Buchhändler, die Bibliothek bzw. der Veranstalter, also der, der zur Lesung geladen hat. Die sind vor Ort und haben ihrem heimischen
Kunden ein Event serviert, dass sie dann über einen zusätzlichen Bücherkauf und Co honorieren, was sie an andere weitertragen, die dann zur nächsten Veranstaltung mitkommen. Warum sonst sollte ein
Buchladen eine Lesung abhalten? Der hat nichts zu verschenken und betreibt auch keine Autorenförderung. Der möchte Kunden in den Laden locken, Presseaufmerksamkeit erhalten, sich von seiner
Konkurrenz absetzen.
Autoren sind auf den Zusatzverdienst über Lesungen angewiesen, denn von ihren Büchern könen nur die sehr bekannten bis berühmten leben, das sind ca. 5% aller Autoren.
Auch sollte Kultur nicht zum Gratis-Produkt verkommen, sonst gibt es irgendwann nur noch reiche Hobbykünstler, weil die sich das leisten können, nicht weil sie es können.
Aus der Zeitung, von der Künstlergruppe vor Ort, in der ich sehr aktiv bin, aus meinen Netzwerken und immer wieder auch über befreundete Autoren.
Ich mag es sowohl als auch. Es kommt halt darauf, wie es gemacht ist und wie es miteinander harmoniert. Grundsätzlich finde ich es gut, dass es beides gibt, denn das sorgt immer wieder für Abwechslung.
Auf jeden Fall!
Und auch noch weiter. Je nachdem, wer oder was mich dort erwartet.
Ich gehe ganz allgemein nicht nur zu Veranstaltungen, die vor Ort sind, sondern mache das an dem zu erwarteten Unterhaltungswert fest.
Der Ort spielt schon auch eine Rolle, denn der sagt ja auch was darüber aus, wie gemütlich (Wohnzimmeratmosphäre), mystisch (z.B. Lesung in einer Höhle), oder wie
trocken (leerer Saal, der mit billigen Holzstühlen bestuhlt wird), die Lesung wird.
Je mehr ich mir vom Autor und vom Buch erwarte, um so mehr tritt die Örtlichkeit in den Hintergrund und umgekehrt.
Wenn das ganze Drumherum sehr spannend erscheint, kann mich das auch auf einen gänzlich unbekannten Autor neugierig machen, der ein Buch vorstellt, auf das ich sonst nicht aufmerksam geworden wäre.
Nein, leider kam es noch nicht dazu. Obwohl ich schon einige Anläufe gemacht habe und sogar darüber nachdenke, selbst mal eine abzuhalten. Allerdings kenne ich jetzt auch tatsächlich niemanden, der begeistert Online-Lesungen abhält oder hört, der ich also mitgezogen hätte, vielleicht hätte mich das sonst schon längst dazu gebracht.
Das soll nicht heißen, dass ich lauter Negatives gehört hätte, eher, dass es in meinem persönlichen Umfeld irgendwie unter den Tisch fällt.
Jetzt bin ich allerdings sehr neugierig, was die anderen Teilnehmer der Blogparade zu diesem Thema antworten. Als Hörerin und als Autorin.
Prinzipiell sehr gut.
Ich denke, das ist eine schöne Ergänzung zu den Lesungen außer Haus. Und ich bin ein Verfechter von möglichst viel Abwechslung. Außerdem bieter dies auch solchen Lesern, die außerhalb von größeren Städten kaum mal die Chance auf eine Autorenleseng haben, oder auch solchen, die nicht gut zu Fuß sind etc. auf diese Weise an einer Autorenlesung teilzunehmen.
Im Moment konzentriere ich mich selbst allerdings etwas mehr auf eine andere Art Online-Lesung: auf Online-Radiolesungen.
Das Literaturradio Bayern hat den Mörderischen Schwestern die Platform „Ladies Crime Time“ gegeben, auf der jeden Samstag eine neue Lesung von einer "Schwester" eingestellt wird.
Da habe ich selbst vor kurzem mit vier Kolleginnen zusammen eine Szenische Lesung aufgenommen, die schon Online steht.
Demnächst werde ich auch noch ein paar Einzelesungen aufnehmen, die dann irgendwann gesendet werden. Diese Lesungen stehen als Podcast permanent zur Verfügung. Das finde ich gerade eine tolle Möglichkeit, da man dies Lesung anhören kann, wann immer man gerade Zeit hat.
Als Autor kann ich mich außerdem mit meiner Lesestimme präsentieren, so dass der Hörer selbst beurteilen kann, ob er mich - oder andere Autoren - auch gerne mal live erleben möchte.
Ich finde dies eine spannende Blogparade, bei der man noch bis zum 15.5.2016 mitmachen kann.
Auf der Blogparaden-Seite von Ann-Bettina kann man sich dazu anmelden und auch noch weitere interessante Beiträge finden.
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Und ich freue mich jetzt auf Kommentare und Diskussionen zum Thema, sowie über Empfehlungen und ein "like" (Pinnwand oben links):
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Liebe Rosemarie,
was für ein spannender und ausführlicher Beitrag zur Blogparade. Ich glaube, es macht auch einen großen Unterschied, ob ein Autor gerne vorliest oder es nur macht, weil er meint, dass das halt sein
müsste. Ich habe gerade in eure szenische Lesung hineingehört. Tolle Idee - sowohl die Geschichte als auch eure Lesung. Ich bin schon auf deine Lesungen dort gespannt.
Viele liebe Grüße#
Ann-Bettina
Liebe Ann-Bettina,
ich freue mich, dass dich mein Beitrag anspricht.
Ganz bestimmt macht es einen Unterschied, ob ein Autor gerne liest oder nicht. Viele die gerne lesen, machen ja auch mehr als ein Vorlesen draus, bringen Utensilien mit, die zur Lesung passen, machen
Geräusche, bringen Mimik und Gesten mit ein, so dass eine kleine Bühnenaufführung draus wird.
So ähnlich dachten wir es uns ja auch mit der Szenischen Lesung und werden als Gruppe zusammenbleiben, um noch mehr Stücke in dieser aufgeteilten Art zu lesen.
Im Herbst werde ich das mit meiner "Krimijugend" probieren. Dann lesen wir mit verteilten Rollen zu Dritt aus dem gerade entstehenden "Tutzing-Krimi" auf der Tutzinger Kulturnacht.
Viele Grüße
Rosemarie